Spezielles
Zusatzqualifikationen in der Binnenschifffahrt
In der Binnenschifffahrt wirst du nicht nur ein solides Grundwissen erwerben, sondern auch die Chance haben, dich weiter zu spezialisieren. Die Aufstiegschancen sind nicht nur aufgrund der Altersstruktur in diesem Bereich sehr vielversprechend, sondern auch technische Entwicklungen eröffnen dir neue Perspektiven. Bereitschaft zur kontinuierlichen beruflichen Weiterbildung ist dabei der Schlüssel zum Erfolg.
Da die Binnenschifffahrt sowohl die Güterschifffahrt bzw. Tankschifffahrt als auch die Personenschifffahrt umfasst, gibt es natürlich spezielle Qualifikationen für unterschiedliche Einsätze in diesem Berufsfeld. Wir geben dir hier einen Überblick über genau die Zusatzqualifikationen, die in der Binnenschifffahrt wichtig und nötig sind.
Welche Zusatzqualifikationen gibt es in der Binnenschifffahrt?
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Maritime Wasserstraßen
Eine Binnenwasserstraße mit maritimem Charakter ist ein Streckenbereich der „Zone 1 und 2“, welcher neben Binnenfahrzeugen zusätzlich von Seeschiffen befahren wird, das sind z. B. größere Seehäfen oder Küstengebiete. Da diese Bereiche prinzipiell Tidegebiete sind und dort mit Ebbe und Flut zu rechnen ist, die Navigation nach Leuchtfeuern stattfindet kann und in diesen Zonen die Verkehrsregeln sowie die Fahrwasserbezeichnungen der Seeschifffahrt Anwendung findet, muss nachgewiesen werden, dass der Schiffsführer mit den Verordnungen der Seeschifffahrt vertraut ist. Das bedeutet: Wenn du später einmal als Schiffsführer in einen Seehafen einfahren möchtest, weist du mit der „Besonderen Berechtigung für Wasserstraßen mit maritimen Charakter“ nach, dass du das notwendige Know-how der Seeschifffahrt besitzt um sicher durch diese Zonen zu kommen.
Bei der Prüfung zur „Besonderen Berechtigung für maritime Wasserstraßen“ handelt es sich allein um eine mündliche Prüfung an der Seekarte. Sie kann an allen Prüfungsstandorten abgelegt werden, an denen auch Unionspatentprüfungen stattfinden.
Inhalte der Prüfung sind:
- Informationen aus speziellen nautischen Informationsquellen und Vorschriften für Binnenwasserstraßen mit maritimem Charakter nutzen (Seekarte, terrestrische Navigation, Satellitennavigation, Seebücher, Notfallmanagement)
- die Tonnen, Leuchtfeuer und Schifffahrtszeichen entsprechen denen der Seeschifffahrt
- Kenntnisse und praktische Anwendung terrestrischer Navigation
- die Kollisionsverhütungsregeln (KRV)
- Gezeiten und Wetter (Gezeitenkalender, Gezeitenströme, Wettervorhersagen und -verhältnisse)
Die Voraussetzung für die Zulassung zur Prüfung zur besondere Berechtigungen für das Befahren von Binnenwasserstraßen mit maritimem Charakter ist ein gültiges Schiffsführerzeugnis.
Risikostrecken (Rhein, Donau, Elbe, Weser)
Die Prüfung zur besonderen Berechtigung für die deutschen Risikostrecken Rhein, Elbe, Donau und Oberweser wird als mündliche Prüfung abgenommen:
- Elbe – von km 3,4 (Grenze zu Tschechien) bis km 607,5 Oortkaten (Obere Grenze des Hamburger Hafens) mit Ausnahme der Fahrt zwischen dem Rothenseer Verbindungskanal (Elbe-km 332,75) und der Zufahrt zum Industriehafen Magdeburg (Elbe-km 333,65) sowie der Hohnstorfer Brücke (Elbe-km 568,90) und dem Elbe-km 573,50
- Donau – von km 2 249,00 (Liegestelle Vilshofen) bis km 2 322,02 (Unterwasser Schleuse Straubing)
- Rhein – von Rhein-km 335,92 (Schleuse Iffezheim) bis Rhein-km 857,40 (Spyck’sche Fähre/Grenze zu den Niederlanden)
- Weser – von km 000,00 (Hann. Münden) bis km 204,47 (Minden)
Um an einer Prüfung zur besonderen Berechtigung einer deutschen Risikostrecke teilnehmen zu dürfen, musst du im Besitz eines Schiffsführerzeugnisses sein, z.B. dem Unionspatent. Außerdem musst du anhand deines Schifferdienstbuches nachweisen, den betroffenen Flussabschnitt der Risikostrecke innerhalb der letzten drei Jahre mindestens drei Mal zu Berg und drei Mal zu Tal durchfahren zu haben.
Die mündliche Prüfung für die Risikostrecken kannst du dir so vorstellen, dass du gedanklich deine Strecke abfährst und deinen Prüfern bzw. der Prüfungskommission schilderst, welche markanten Punkte bzw. Gegebenheiten dir auf deiner Strecke begegnen.
Dies wären beispielsweise Fähren oder Brücken inklusive Brückenpfeiler und welchen Brückenbogen du durchfahren würdest, Strömungsverhältnisse und wie du auf diese reagierst. Ortsbezeichnungen und Kurven sind ebenso relevant wie Überhol- oder Begegnungsverbote. Außerdem werden die Prüfer dich nach aktuellen Besonderheiten befragen, wie z.B. aktuelle Baustellen z.B. an Brückenpfeilern. Darüber hinaus musst du Fahrwasserbegrenzungen deiner Strecke beherrschen wie beispielsweise Fahrrinnentiefen und –breiten oder allgemeine Begegnungsregeln.
In der mündlichen Prüfung für die Risikostrecke Elbe, Donau und Oberweser werden Karten gezeigt, in denen wichtige Punkte markiert sind. Auf jeder Karte ist mindestens eine Kilometerangabe erkennbar. In der mündlichen Prüfung für die Risikostrecke Rhein werden lediglich für den Wahrschauabschnitt eine kurze PowerPoint Präsentation zur Hilfe genommen um diesen Streckenabschnitt gründlich prüfen zu können.
Zu deiner Information:
Am 05. Dezember 2024 hat die Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) beschlossen, den Großteil der Risikostrecken auf dem Rhein abzuschaffen.
Ab dem 01.07.2025 sollen die folgenden Streckenabschnitte als Risikostrecke Rhein ausgewiesen werden und damit Streckenkundepflichtig bleiben:
- Rhein-km 335,66 (Straßenbrücke Wintersdorf) bis Rhein-km 425,00 (Mannheim)
- Rhein-km 498,45 (Straßenbrücke Mainz/Mainz-Kastel) bis Rhein-km 592,00 (Koblenz, Moselmündung)
Aufgrund eines Erlasses des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr vom 06. Dezember 2024 (PDF, intern) gilt, dass es bis dahin nicht geahndet wird, wenn jemand auf den künftig entfallenden Risikostrecken ohne die hierfür erforderliche besondere Berechtigung für Risikostrecken angetroffen wird.
ADN Sachkundige
An Bord von Schiffen, die gefährliche Güter im Sinne des ADN (Accord Européen relatif au transport international des marchandises dangereuses par voie de navigation) befördern, muss ein Sachkundiger anwesend sein (Mitglied der Schiffsbesatzung), der im Besitz einer gültigen Bescheinigung ist, welche von der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) ausgestellt wurde. Mit dieser wird bescheinigt, dass er an einer Schulung teilgenommen und eine Prüfung über die besonderen Anforderungen bestanden hat, die bei der Beförderung gefährlicher Güter auf Schiffen zu erfüllen sind. Die ADN-Bescheinigungen werden nach Ablegung einer Prüfung erteilt für Trockengüterschiffe, Tankschiffe sowie für die Beförderung von Gasen und Chemikalien.
Besondere Berechtigung für Radar
Auf Binnenschifffahrtsstraßen gelten klare Regelungen für die Fahrt von Fahrzeugen bei unsichtigem Wetter wie Nebel: Die Fahrt darf nur angetreten oder fortgesetzt werden, wenn sie unter anderem mit einer zugelassenen Flussradaranlage ausgerüstet sind und sich eine Schiffsführerin oder ein Schiffsführer an Bord befindet, der zusätzlich zum Schiffsführerzeugnis auch über die besondere Berechtigung Radar verfügt.
Die besondere Berechtigung Radar ist von großer Bedeutung, da Personen, die für die Navigation und Sicherheit auf Binnenschiffen verantwortlich sind, über das erforderliche Wissen und die Fähigkeiten im Umgang mit Radarverfahren und -ausrüstung verfügen müssen. Das Radarpatent bestätigt, dass der Inhaber oder die Inhaberin die erforderlichen theoretischen Kenntnisse sowie die praktischen Fähigkeiten im Umgang mit Radaranlagen besitzt.
Der Ablauf einer solchen Prüfung umfasst normalerweise eine gründliche Vorbereitung auf die Prüfungsinhalte wie Radartheorie, -betrieb, -interpretation, Navigation und Sicherheitsverfahren.
Um die besondere Berechtigung für Radar zu erlangen, müssen Kandidaten sowohl eine theoretische Multiple-Choice-Prüfung als auch eine praktische Prüfung an Bord eines Schiffes bestehen.
Diese Prüfungen können an verschiedenen Orten in Deutschland wie Duisburg, Lauenburg oder Koblenz abgelegt werden.
Es ist zu beachten, dass die genauen Anforderungen und Verfahren für die Radarpatentprüfung je nach Land und Rechtssystem variieren können. Daher sollten sich die Kandidaten vor der Prüfung über die spezifischen Anforderungen und Abläufe informieren.
Besondere Berechtigung für Großverbände
Wer einen Großverband steuern möchte, welcher das Produkt aus Gesamtlänge und Gesamtbreite der geschobenen Fahrzeuge 7.000 m² oder mehr beträgt, muss die besondere Berechtigung zum Führen von Großverbänden nachweisen. Wer die besondere Berechtigung für Großverbände erwerben will, muss über ein Unionspatent verfügen, eine Fahrzeit von mindestens 720 Tagen vorweisen können, davon mindestens 540 Tage als Schiffsführer oder Schiffsführerin und mindestens 180 Tage Kurs und Geschwindigkeit eines Großverbandes selbstständig bestimmt haben. Diese Schiffsgrößen sind in Europa überwiegend im Osteuropäischen Raum anzutreffen.
Besondere Berechtigung für LNG angetriebene Fahrzeuge
Für das Führen von mit Flüssigerdgas (sog. LNG) angetriebenen Fahrzeugen ist eine besondere Berechtigung für Flüssigerdgas erforderlich. Diese besondere Berechtigung wird durch ein Sachkundigen-Zeugnis für Flüssigerdgas nachgewiesen, das gesondert erworben werden muss.
Sachkundige Fahrgastschifffahrt
Auf dem Rhein müssen sich an Bord von allen Fahrgastschiffen sog. Sachkundige für die Fahrgastschifffahrt befinden, um ihre Fahrt antreten zu dürfen. Dabei gilt, dass der Schiffsführer für diese Fahrt nicht als Sachkundiger eingesetzt werden darf.
Um dieses Fachkundigenzeugnis zu erhalten gibt es zwei Möglichkeiten:
> Entweder durch den erfolgreichen Abschluss der Berufsausbildung zum Binnenschiffer mit dem Schwerpunkt Personenschifffahrt,
> oder durch die Teilnahme an einem zugelassenen Basislehrgang und der darin enthaltenen erfolgreich bestandenen Sachkundigenprüfung.
Der Lehrgang dauert in der Regel 4-5 Tage, die Sachkundigenprüfung besteht aus einem theoretischen und einem praktischen Teil. Die Sachkundigenbescheinigung ist nach der Prüfung 5 Jahre gültig und muss durch einen Auffrischungskurs alle 5 Jahre verlängert werden.