Der „Führerschein“
Das Unionspatent
Welche Qualifikation berechtigt zum Führen von Schiffen? Gibt es das „B-Patent“ noch? Ist das „Unionspatent“ für alle Wasserstraßen Europas gültig? Dürfen Binnenschiffer eigentlich auch auf dem Meer fahren?
Mit steigender Berufserfahrung und sammeln von „Fahrtagen“ steigst du im Rang immer höher. Durch Weiterbildungen und verantwortungsvollere Positionen kannst du das Gehalt ebenfalls weiter steigern. Nach dem Erlangen des Rangs des Steuermannes kannst du das Unionspatent ablegen und darfst dich nach erfolgreicher Teilnahme „Binnenschifffahrtskapitän“ nennen. Mit dem Unionspatent kannst du eine Vielzahl an Binnenwasserstraßen in Europa befahren. Spezielle Berechtigungen, wie das Befahren des Rheins, der Elbe, der Donau oder der Oberweser erweitern dein Fahrgebiet und steigern dein Einkommen.
Unionspatent – das „Grundpatent“
Das Unionspatent wurde Anfang 2022 eingeführt und entspricht dem ehem. B-Patent. Dieses Schiffsführerzeugnis berechtigt zum Führen von gewerblich genutzten Fahrzeugen auf grundsätzlich allen europäischen Binnenschifffahrtsstraßen, sofern keine „Streckenkunde“ erforderlich ist und es sich nicht um Binnenwasserstraßen mit besonderen Risiken handelt. Für diese Wasserstraßen bedarf es einer besonderen Berechtigung, welche zusätzlich zum Unionspatent zu erwerben sind. Welche dies sind findest du hier.
Voraussetzung …
… für die Prüfung zum Unionspatent und für die Teilnahme an einem in Deutschland zugelassenen Lehrgang sind:
- Gute Deutschkenntnisse
- Mindestalter 18 Jahre
- UKW-Sprechfunkzeugnis für den Binnenschifffahrtsfunk (UBI)
- medizinisches Tauglichkeitszeugnis, nicht älter als 3 Monate
- Führungszeugnis zur Vorlage bei Behörden
- Qualifikation bzw. Fahrzeit nach BinSchPersV §37 (mind. 180 Fahrtage als Steuermann)
Um das Unionspatent zu erwerben, musst du an drei unterschiedlichen Prüfungsbereichen erfolgreich teilnehmen:
- Theoretischer Prüfungsteil
- Reiseplanung
- Reisedurchführung
Die Theorieprüfung …
… ist eine schriftliche Multiple-Choice-Prüfung. In dieser Prüfung werden dir 120 Fragen mit 4 unterschiedlichen Antwortmöglichkeiten gestellt, wobei nur eine Antwortmöglichkeit richtig ist. Für das Beantworten der Fragen, hast du 120 Minuten Zeit. Die Prüfung ist bestanden, wenn 80%, also 96 aller Fragen richtig beantwortet sind. Die Prüfungen werden bei den GDWS in Bonn, Kiel, Magdeburg, Minden und Würzburg angeboten.
Einen Eindruck über die Art der Fragen kannst du hier gewinnen
(allerdings ohne die vier in der Prüfung angegebenen Antwortmöglichkeiten).
Die Reiseplanung …
… ist ein weiterer Prüfungsteil. Hier musst du in einer mündlichen Prüfung zeigen, dass du die Reise eines Binnenschiffes planen kannst und alle relevanten Aspekte berücksichtigt.
Die Reiseplanungsprüfung wird i.d.R. am selben Tag wie die Theorieprüfung vor einer dreiköpfigen Prüfungskommission abgelegt. Aufgabe wird sein, eine in etwa 2-tägige-„Reise“ zu planen. Hierzu sollen Aspekte zur Fahrtroute und Navigation, zur Ladung, zur Besatzung, zum Treibstoff, zu den erforderlichen Dokumenten, zur erforderlichen Ausrüstung an Bord sowie zur Arbeitssicherheit an Bord betrachtet werden.
Du erhältst zu Beginn deiner Prüfung deine Aufgabe und hast 60 Minuten Vorbereitungszeit. In dieser Zeit bekommst du Zugang zu allen einschlägigen Gesetzen und Verordnungen, zum Internetportal ELWIS, zu einer Wasserstraßenkarte sowie das Schiffattest und den Eichschein deines Prüfungsschiffes. Mit deinem Fall erhältst du ebenfalls einige Fragen, die du für das Fachgespräch ausarbeiten musst.
Das Prüfungsgespräch schließt sich unmittelbar an die Vorbereitungszeit an und wird ca. 60 bis 90 Minuten dauern.
Wichtiger als die Nennung kommagenauer Ergebnisse ist die Darstellung der Überlegungen und Erwägungen, die ein Schiffsführer zur Beantwortung der Fragen anstellen muss. Erwartet wird zudem, dass du die zur Verfügung gestellten Hilfsmittel nutzen und auswerten konntest. Beispielsweise muss der Prüfling in der Lage sein, die Vorschriften dahingehend auszuwerten, mit welchen Fahrzeugabmessungen die gewählte Route befahren werden kann. Insgesamt ist für die Bewertung der Prüfungsleistung das Wissen darüber wichtig, wie und wo man an die erforderlichen Informationen für die Planung einer Reise kommt.
Hier findest du eine Musterprüfung.
Reisedurchführung
Erst nachdem du die Theorieprüfung und die Reiseplanung erfolgreich absolviert hast, kannst du dich zur Reisedurchführung anmelden. Die Prüfung wird i.d.R. als Simulatorprüfung am Flachwasserfahrsimulator SANDRA2 im Schifferberufskolleg RHEIN in Duisburg abgelegt.
Nachdem du in den Steuerstand des Simulators eingewiesen wurdest, hast du 30 Minuten Zeit, dich mit dem Prüfungsschiff sowie dessen Fahrverhalten vertraut zu machen.
Hier ein Link zum Thema auf ELWIS.
In der Prüfung musst du einer dreiköpfigen Prüfungskommission zeigen, dass du die Führung eines Binnenschiffes beherrscht. Hierzu musst du das Prüfungsschiff auf einer fiktiven Strecke steuern, es handelt sich also nicht um eine real existierende Strecke. Für die Fahrt sind die Vorschriften der Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung anzuwenden.
Gegenstand der Prüfung werden insbesondere folgende Manöver sein:
- Fahrbereitmachen und Ablegen des Fahrzeuges
- Fahrt auf einem Kanal
- Fahrt auf einem frei fließenden Fluss
- Wenden des Fahrzeuges
- Begegnen mit anderen Fahrzeugen
- Abwicklung von Notsituationen
- Einfahrt in eine Schleuse und Festmachen
Erwartet wird, dass der Prüfling, wie in der Realität, alle Maßnahmen eines Schiffsführers ergreift. Hierzu zählt nicht nur das Steuern des Fahrzeuges, sondern insbesondere auch die Durchführung von Funkabsprachen mit anderen Fahrzeugen, der Besatzung oder der Revierzentrale und die Bedienung aller technischen Einrichtungen und Geräte im Steuerhaus. Das Fahrzeug ist dabei entsprechend der geltenden Verkehrsvorschriften, insbesondere der BinSchStrO, zu führen. Der Prüfling darf dabei weder eine Gefahr für die Sicherheit des Schiffsverkehrs darstellen, noch darf er dessen Leichtigkeit gefährden. Die Prüfung wird beendet, wenn eine Kollision erfolgt ist.
Hier ein Link zur Sprechfunktafel.
Besondere Berechtigungen, die der Schiffsführer zusätzlich zum Unionspatent erwerben kann:
- Maritime Wasserstraßen
- Risikostrecken
- ADN Sachkundige
- Besondere Berechtigungen für Radar
- Besondere Berechtigung für Großverbände
- Besondere Berechtigung für LNG angetriebene Fahrzeuge
- Sachkundige Fahrgastschifffahrt
- Sonstige Qualifikationen
mehr zu den Zusatzqualifikationen erfährst du hier